Interview mit Axel Jahn (Loki Schmidt Stiftung)
Lieber Herr Jahn, der Beitrag der Moore zum Klimaschutz ist mittlerweile bekannt, es gibt also neben dem Artenschutz noch einen sehr dringlichen Grund, warum Menschen ein Eigeninteresse haben sollten, von Entwässerungen in Moorlandschaften abzusehen. Warum müssen Moore immer noch für Bauland weichen?
Nun, das ist eine politische Frage. In unserer Gesellschaft ist die Bedeutung der Moore für den Klimaschutz noch immer nicht bei allen angekommen. Zudem sind es oft konkrete, lokale, wirtschaftliche Interessen, die von den Verantwortlichen höher bewertet werden als die globale, mitunter noch eher als abstrakt wahrgenommenen Zumutungen des Klimaschutzes. Die oft recht begrenzte Bereitschaft, seinen eigenen Lebensstil klimafreundlicher zu gestalten und auf bestimmte Konsumwünsche zu verzichten, kennen wir ja alle auch aus anderen Zusammenhängen und Lebensbereichen. Mitunter stammen Planungen und Genehmigungen auch aus einer Zeit, als die Bedeutung der Moore für das Klima noch nicht allgemein anerkannt war.
Weshalb ist es so schwer, Moorflächen zu renaturieren?
Moore können sich nur bilden, wo es einen Überschuss an Wasser gibt, der nicht oder nur zögernd abfließen kann. In der Vergangenheit wurde in den meisten Moorgebieten der Wasserabfluss verbessert, indem Gräben gezogen, Vorfluter ausgebaut und zum Teil auch Schöpfwerke errichtet wurden, um in den Mooren Land- oder Forstwirtschaft zu betreiben. Bei der Renaturierung kommt es darauf an, die Entwässerung zu beenden. „Moor muss nass“, so haben es die Greifswalder Moorforscher Prof. Dr. Hans Joosten und Prof. Dr. Michael Succow auf den Punkt gebracht. Das ist oft leichter gesagt als getan. Die Entwässerung der Moore verändert durch Torfzersetzung und Sackungen die Mooroberfläche, sodass manche Bereiche plötzlich höher liegen als andere. Sie kann man nur vernässen, wenn andere Bereiche überstaut werden, was nicht immer sinnvoll ist. Als Folge der Bewirtschaftung sind oft reichlich Nährstoffe ins Moor gelangt, die dazu führen, dass nährstoffliebende Pflanzen die moortypische Vegetation verdrängen. Schließlich ist eine einzelne Moorfläche ja nicht isoliert zu betrachten. Wenn die Renaturierung dazu führt, dass die Landschaft insgesamt nasser wird, gibt es Probleme mit angrenzenden Flächeneigentümern, die um ihre landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Erträge fürchten. Mitunter geht es dabei sogar um feucht werdende Keller und sich daraus womöglich ergebende Schadensersatzansprüche.
Was waren bislang Ihre größten Erfolge beim Moorschutz und was bereitet Ihnen die größten Sorgen?
Unser größter Erfolg ist die Renaturierung des Wittmoors an der Grenze zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein. Dort konnten wir inzwischen fast 100 Hektar Moorflächen kaufen, die wir zusammen mit Hamburger und Schleswig-Holsteinischen Partnern erfolgreich renaturieren konnten (ein Bild des Wittmoors auf dieser Seite). Im ehemals industriell abgetorften und entwässerten Moor wachsen wieder Torfmoos, Wollgras und Sonnentau, seltene Libellen wie die Große Moosjungfer haben sich angesiedelt, Kreuzotter, Kranich und Kiebitze haben hier ein Refugium. Das Wittmoor ist auch ein gutes Beispiel, dass der Erwerb von Flächen nach wie vor ein sehr erfolgreiches Instrument des Naturschutzes ist, da nicht selten die Eigentumsrechte einzelner Grundstücksbesitzer:innen die erfolgreiche Renaturierung von Mooren ver- oder behindern. Das Wittmoor ist nicht nur ein bedeutendes Beispiel für ein renaturiertes Moor, es ist auch dank der Renaturierung von solch landschaftlicher Schönheit, dass es heute auch für die Naherholung und Naturbegegnung bei der Bevölkerung Hamburgs und Norderstedts eine wichtige Rolle spielt.
Welchen Effekt erhoffen Sie sich von dem neuen Bildungsprojekt mit der Vertical Stiftung?
Mit dem neuen Projekt wollen wir den Zusammenhang zwischen Moor- und Klimaschutz bekannter machen und so eine höhere Akzeptanz für den Schutz und die Renaturierung unserer Moore erreichen. Indem wir mit den Schüler:innen und anderen die Moore in der Nähe erkunden, hoffen wir, dass das Wissen um die Bedeutung der Moore, aber auch ihre Schönheit und Faszination in die Familien und die Bevölkerung getragen wird. Mit dem praktischen Arbeiten in den Mooren und dem Erwerb von Moorflächen wird ein unmittelbarer Nutzen für den Schutz unserer Moore bewirkt. Die projektbezogene Öffentlichkeitsarbeit soll das Thema ins allgemeine Bewusstsein bringen und so ebenfalls an einem echten Paradigmenwechsel im Umgang mit Mooren und Feuchtgebieten mitwirken, die ja auch als Wasserspeicher in der Landschaft angesichts des Klimawandels immer wichtiger werden. Für die von uns ausgebildeten Moorführer:innen wird das Moor zudem zu einer neuen Erwerbsquelle und leistet somit auch einen (begrenzten) Beitrag zu einer umweltverträglichen Wertschöpfung aus unseren Mooren.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für das neue Projekt!
Foto: Wittmoor, Loki Schmidt Stiftung